PFERDEPRAXIS REINFELD

Dr. Katharina Ehlers     

Herpes-Impfpflicht für Turnierpferde ab 1.1.2023 - mit Podcast

In anderen Bereichen von Pferdesport und -zucht gibt es schon länger Vorgaben zur Impfung gegen Herpes, um gefürchtete Ausbrüche dieser lebensbedrohlichen Krankheit zu verhindern. Ab dem 1.1.2023 gilt nun auch im Verfügungsbereich der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) eine Impfpflicht für Turnierpferde gegen EHV-1. Damit Sie und Ihr rechtzeitig informiert seid und entscheiden könnt, wie Ihr damit umgeht und ob die Notwendigkeit besteht, den Impfschutz Ihres oder Eures Pferdes oder Ponys anzupassen, hier ein paar Informationen. Wer lieber hört, als liest, dem sei der Podcast zum Thema Herpes beim Pferd der Gesellschaft für Pferdemedizin empfohlen.

Was passiert bei einer Herpes-Infektion beim Pferd?

Jede Tierart hat ihre eigenen Herpes-Viren, die also nicht auf andere Tierarten übergehen können. Bei Equiden - also Pferden, Eseln, ihren Kreuzungen und Zebras - kommen die equinen Herpesviren 1 bis 5 (EHV-1 bis EHV-5) vor, die sehr unterschiedliche Krankheitsbilder auslösen und gemeinsam haben, dass ein infiziertes Individuum nach der Ansteckung ein Leben lang Herpesviren in sich trägt, die z.B. in Stresssituationen und bei einem geschwächten Immunsystem wieder aktiviert werden können. Bei einer Reaktivierung oder einer zusätzlichen Infektion (sog. Superinfektion) können Krankheitssymptome auftreten und das Pferd kann andere Pferde mit Herpes-Viren anstecken. Besonders relevant ist das EHV-1, da es die schwersten Krankheitsverläufe hervorruft. Die Symptome reichen von Fieber über Nasenausfluss bis hin zu schweren neurologischen Ausfallserscheinungen mit Bewegungsstörungen bis zum Festliegen, Problemen beim Harn- und Kotabsatz und Verhaltensänderungen. EHV-1-Infektionen mit neurologischem Verlauf führen nicht selten zum Tod. Überleben die Pferde die akute Erkrankung, können langfristige neurologische Symptome zurückbleiben, die eine Unreitbarkeit oder eingeschränkte Lebensqualität des betroffenen Pferdes bedeuten können. Bei Züchtern gefürchtet sind EHV-1-Ausbrüche bei Zuchtstuten, die zu Aborten in der späten Trächtigkeiten oder der Geburt lebensschwacher Fohlen verursachen.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei einer Herpes-Infektion für mein Pferd?

Leider sind die Behandlungsmöglichkeiten für an EHV erkrankte Pferde sehr eingeschränkt. In den meisten Fällen bleibt nur eine symptomatische, unterstützende Behandlung mit entzündungshemmenden und fiebersenkenden Medikamenten, pflegerische Maßnahmen wie das Entleeren der Blase und des Enddarms sowie die Unterstützung durch Hängegeschirre bei eingeschränkter Stehfähigkeit. Diese intensive Therapie ist mit hohem Aufwand bei oft frustrierendem Ausgang verbunden. Medikamente, die die Vermehrung der Herpesviren hemmen, werden aufgrund der sehr hohen Kosten nur in Einzelfällen und mit fraglichem Erfolg eingesetzt. Da die Therapie so schwierig und wenig erfolgversprechend ist, gilt einmal mehr: Vorbeugen ist besser als heilen!

Wie kann ich einer Herpes-Infektion bei meinem Pferd vorbeugen?

Herpes-Infektionen bei Pferden zu verhindern, ist eine Team-Aufgabe. Da aktuell die Verbreitung von EHV in der Pferdepopulation aufgrund der lebenslangen Infektion und der geringen Impfquote sehr hoch ist, hängt die Verhinderung von EHV-Ausbrüchen an uns allen. Zunächst einmal sollte man sich allgemeine Hygienemaßnahmen im Umgang mit Pferden immer wieder in Erinnerung rufen. Dazu gehört die Quarantäne von neu im Betrieb eingestellten Pferden (extrem wichtig, leider fast nie praktiziert), Reduzierung von direkten Kontakten zu betriebsfremden Pferden z.B. auf Pferdesportversportveranstaltungen und hygienischer Umgang mit Equipment. Eine gute Übersicht an sinnvollen Maßnahmen bietet der Hygieneleitfaden der FN. Langfristig sollte eine Reduzierung der Viruslast in der deutschen Pferdepopulation das Ziel sein, um für uns alle, die wir mit Pferden umgehen, die Sorgen um schwere Herpes-Ausbrüche und tragische Erkrankungen von einzelnen geliebten Pferden seltener werden zu lassen. Ein wichtiger Schritt dazu, ist eine Erhöhung der Impfquote, insbesondere bei Pferden, die viele Kontakte zu Pferden außerhalb ihres Heimatstalls haben. Genau das ist das Ziel der Herpes-Impfpflicht für Turnierpferde.

Was bringt die Herpes-Impfung meine Pferd und welche Risiken gibt es?

Gegen EHV geimpfte Pferde scheiden im Falle einer Infektion (oder Reaktivierung einer latent bereits vorhandenen Infektion) weniger und kürzer Herpes-Viren aus, sind also weniger und kürzer ansteckend für andere Pferde. Mit den aktuell verfügbaren Impfstoffen kann kein perfekter Individualschutz erreicht werden, so ehrlich muss man sein. Das bedeutet, dass auch geimpfte Pferde erkranken und auch geimpfte Pferde im Falle eines Ausbruchs versterben können. Je mehr Pferde allerdings konsequent gegen EHV geimpft sind, desto geringer ist die Gefahr von großen Ausbrüchen und desto geringer ist auch die Gefahr für das eigene Pferd fatal zu erkranken. Wie bereits gesagt: EHV-Bekämpfung ist Teamarbeit! Der beste Erfolg wird mit Bestandsimpfungen erreicht, also der Impfung aller Pferde eines Betriebs und nicht mit individuellem "Kleinklein". Die Impfpflicht für Turnierpferde, die häufig Kontakt zu betriebsfremden Pferden haben, zum Teil unter nicht unerheblichem Stress und in fremder Umgebung, ist ein erster Schritt in diese Richtung. Wie bei jeder Impfung kann es auch nach Herpes-Impfungen zu Impfreaktionen wie Schwellungen und Schmerzen an der Injektionsstelle, Fieber und Mattigkeit kommen. Nach unserer Erfahrung kommen diese Impfreaktionen bei allen verfügbaren EHV-Impfstoffen etwa gleich häufig, jedoch häufiger als bei Impfungen gegen Influenza, Tetanus oder West-Nil-Virus vor. In den allermeisten Fällen vergehen die Impfreaktionen innerhalb weniger Tage von selbst, in anderen Fällen kann mit entzündungshemmenden Medikamenten unterstützt werden. Schwere Nebenwirkungen, wie sie immer wieder in den sozialen Medien berichtet werden, sind äußerst seltene Ereignisse und oft ist der Zusammenhang mit der Impfung nicht sicher zu beweisen. Wir beraten Sie und Euch gern bei der Abwägung der Argumente für und gegen eine Impfung für Ihr und Euer individuelles Pferd, sollte es Bedenken gegenüber der Impfung geben.

Wie genau muss mein Pferd geimpft sein, damit es geschützt ist und auf Turnieren starten darf?

Für die Impfung stehen verschiedene Impfstoffe zur Verfügung, die einem unterschiedlichen Impfschema folgen. Ein Wechsel zwischen abgeschwächtem Lebend- und Totimpfstoff ist erst nach der dritten Impfung möglich und nicht unbedingt empfehlenswert. Wir verwenden seit Jahren einen Totimpfstoff gegen EHV-1, für den eine Grundimmunisierung aus zwei Impfungen im Abstand von 28 bis 42 Tagen gefordert wird. Danach erfolgen die Auffrischungsimpfungen alle sechs Monate (+ maximal 21 Tage). 14 Tage nach der 2. Impfung der Grundimmunisierung ist das Pferd auf Turnieren startberechtigt bzw. 7 Tage nach einer Auffrischungsimpfung. Es gilt also das gleiche Impfschema wie für Influenza. Es kann sich also anbieten, die Impfungen gegen Herpes und Influenza zu verbinden, um so die Zahl der nötigen Impftermine übers Jahr zu reduzieren. In den meisten Fällen wird dies von den Pferden genauso gut vertragen, wie wenn die Impfungen getrennt erfolgen. Bitte prüfen Sie bei der Planung für Turnierstarts in 2023 rechtzeitig, ob Ihr Pferd bereits korrekt geimpft ist und beachten Sie dabei auch die Abstände länger zurückliegender Impfungen, da das o.g. Schema ab der Grundimmunisierung lückenlos durchgeführt werden muss. Eine Ausnahme gilt nur für Pferde, die in den letzten mindestens drei Jahren halbjährlich gegen EHV-1 geimpft wurden. Bei diesen Pferden sind Lücken in der länger als drei Jahre zurückliegenden Impfhistorie zulässig. Sollte Ihr Pferd noch keinen Impfschutz gegen EHV haben, muss vor dem ersten geplanten Turnierstart ausreichend Zeit für die Grundimmunisierung (mindestens 6 Wochen ab der ersten Impfung bis zum Start) eingeplant werden. Auf der Website der FN kann man die Vorgaben zur EHV-Impfpflicht hier nachlesen.