Ein unfreiwilliges Schlammbad und eine aufwendige Rettung
Zum Glück sind solche Einsätze selten, aber wenn sie so enden wie dieser, dann sind es genau die Tage, an denen man später sagen kann: "Heute war ein guter Tag.", weil man ein Leben retten und richtig etwas bewegen konnte.
An einem ruhigen Mittwochmorgen wurde ich zu einem Notfall gerufen. Ein 23jähriger Holsteinerwallach war festliegend in einem Schlammloch gefunden worden. Auf der Koppel muss er in der eigentlich flachen Pfütze ausgerutscht sein und kam dann auf dem schlammigen Boden nicht mehr aus eigener Kraft wieder auf die Füße, sondern versackte immer weiter tiefer im Morast. Ich traf zeitgleich mit der Feuerwehr am Ort des Geschehens ein.
Der Wallach war erstaunlich ruhig, was die Rettung einerseits erleichterte, ist er doch sonst eher ein gegenüber Tierärzten, Männern und Menschen im Allgemeinen sehr skeptisches Pferd, andererseits aber auch zeigte, in welch geschwächtem Zustand er bereits war. "Fehmarn" war unterkühlt und befand sich im Kreislaufschock, lag aber zum Glück in einer Position, in der ich ihn sofort über einen Venenkatheter mit Infusionen und Medikamenten zur Kreislaufstabilisierung versorgen konnte. Ein Feuerwehrmann stieg zu ihm in den Morast, der ihm bis über die Hüfte reichte und platzierte drei Schläuche unter Hals, Brust und Bauch des mit 1,75m Stockmaß und 700kg Körpergewicht sehr großen und schweren Pferdes. Zum Glück ließ der Wallach die Prozedur sehr kooperativ über sich ergehen. Um das Verletzungsrisiko für Mensch und Pferd zu reduzieren, sedierte ich ihn für die eigentliche Rettung. 16 Feuerwehrleute zogen ihn schließlich mit vollem Körpereinsatz vorsichtig aus dem Schlammloch heraus auf festen Boden. Als der große Kerl nach weiterer Infusionstherapie nach etwa eineinhalb Stunden im zweiten Aufstehversuch wieder auf seinen Füßen stand, fiel uns allen ein großer Stein vom Herzen.
Jedoch ist es bei solchen Unfällen damit allein noch nicht getan. Durch die Unterkühlung, die Anstrengung durch erfolglose Befreiungsversuche und die daraus resultierende Kreislaufschwäche, können Muskelschäden entstehen, die im schlimmsten Fall in ein lebensbedrohliches Nierenversagen münden können. "Fehmarn" wurde deshalb im Anschluss zunächst geführt, aufgewärmt und dann vorsichtig wieder angefüttert. Im weiteren Verlauf erfolgten engmaschige Kontrollen und ein paar Tage später kann ich nun guten Gewissens sagen: Er hat es geschafft! Vielen Dank an die beteiligten Feuerwehrleute für die großartige Zusammenarbeit.
Über den Einsatz berichteten die Online-Ausgabe von HL-Live und die Lübecker Nachrichten in der Ausgabe vom 10.9.2020.